Vom HR-Bereich meines Arbeitgebers wurde ich gefragt, ob ich mal etwas zum Thema „Stress und BurnOut“ schreiben kann. Da ich schon 2011 entschieden habe, mit dem Thema offen umzugehen, habe ich das gern und freudig mit „Ja“ beantwortet. Und die Fragen, die ich bekam, waren die gleichen, die ich in den letzten fünf Jahren bei vielen Gesprächen so oder ähnlich auch bekam.
Wie kam es zu der Erkrankung und welche Konsequenzen hatte es?
Wie kommt es zum BurnOut? Auch nach sechs Jahren Erfahrung damit, kann ich die Frage nicht beantworten. Zunächst ist BurnOut keine Krankheit, sondern eher der Sammelbegriff für eine Reihe von Erkrankungen, die in Summe immer das eine Ergebnis haben: Man kann nicht so weitermachen! Und dabei ist es nicht so, dass man nicht will, oder dass man es könnte, wenn man sich nur etwas mehr zusammen reißen würde (übrigens ein oft gehörter Ratschlag in diesem Kontext).
Man. Kann. Einfach. Nicht. Mehr.
Der eigene Körper kennt viele Möglichkeiten, einem das klar zu machen. In meinem Fall war es ein täuschend echter Herzinfarkt. Puh, Glück gehabt, „nur“ ein Herzinfarkt. Etwas gesünder leben, eine kleine Kur und alles wird wieder gut. Wurde es aber nicht. Jedes Mal, wenn mich mein Stellvertreter anrief, um irgendeine dienstliche Informationen zu bekommen, kamen die Schmerzen in der Brust wieder, einschließlich Kurzatmigkeit und Panikattacken.
Nach zwei Wochen Krankschreibung war mir klar, dass da noch irgendetwas anderes nicht stimmt. Nach drei Wochen war klar, dass mein Herz vollkommen gesund ist. Mein Körper hatte den Stecker gezogen. Und zwar fast wortwörtlich. Schon ein 10 min. Spaziergang erschöpfte mich für die nächsten zwei Stunden. Beim Gedanken daran, wieder ins Büro gehen zu müssen, bekam ich Panikattacken. Erst als mir meine Ärztin eröffnete, dass es sich um eine Angstdepression handelt und ich damit rechnen müsste, ca. sechs Monate auszufallen, begann der lange Weg der Besserung.
Wie hast Du es überwunden und wie geht es Dir heute?
Von Überwinden kann man beim BurnOut nicht reden. Das wäre genau so, als wenn man einen Amputierten fragt, ob er den Verlust seines Körperteils überwunden hat. Akzeptiert, ja. Gelernt damit zu leben, mehr oder weniger ja. Überwunden, nein. Als ich nach sechs Wochen Krankschreibung in die Rehaklinik kam, hatte ich den Anspruch: „jetzt bin ich hier in der Klinik, jetzt macht mich mal gesund.“ Zu hören, dass es in der Regel ebenso lange dauert, aus einer derartigen Depression herauszukommen, wie es gedauert hat, hineinzuschlittern, war ein Schock. Vor allem, als mir klar wurde, wie lange ich schon auf dem falschen Pfad war. Nach zwei Wochen in der Reha dachte ich, ich bin geheilt. Nach vier Wochen Reha wusste ich, dass es noch eine Weile dauern wird, bis ich geheilt bin. Nach 80 Stunden Gesprächstherapie glaube ich, dass ich auf einem guten Weg bin. Wohl gemerkt auf dem Weg, mit der Herausforderung zu leben.
Geholfen hat mir vor allem, dass ich schon vor der Reha die Rolle als Führungskraft aufgegeben habe. Als ich wieder anfing, hat mir vor allem geholfen, dass ich mit dem, was mir passiert ist, offen umgegangen bin. Erschreckt hat mich, zu sehen, wie vielen um mich herum es genauso erging oder bald gehen wird. Denn es gibt eine Fähigkeit, die „Angekokelte“ erwerben: sie erkennen, wenn jemand dabei ist, in den BurnOut zu geraten. Ein Kollege und Mitarbeiter warnte mich ein Jahr vor meinem BurnOut, ich stünde kurz davor. Meine Antwort damals war: „Danke für die Warnung, aber dafür habe ich gerade keine Zeit.“
Seit meinem ersten Burnout hatte ich drei Rückfälle. Jeder etwas weniger schlimm als der Vorhergehende. Aus jedem habe ich Lehren gezogen, die ich seitdem versuche, für mich umzusetzen. Und die ich in den Beratungsgesprächen weitergebe, die ich seitdem gelegentlich führe.
Was empfiehlst Du anderen?
Präventiv:
- Reduziere die Anzahl Deiner gleichzeitigen Projekte, ideal sind eins bis zwei.
- Mach deutlich, dass Du gern neue Aufgaben übernimmst, aber erst, wenn die alten erledigt oder abgegeben sind
- Sorge dafür, dass es neben den Arbeiten, die gemacht werden müssen auch einige gibt, die Du gern machst.
- Schaff Dir einen Ausgleich zum Job.
Ein paar Leitsätze, wenn es mit der Prävention nicht geklappt hat:
- Keiner ist unersetzbar, die Firma/das Projekt wird auch ohne Dich überleben!
- Wenn der Körper nicht mehr mitmacht, gibt es nur noch ein Prio 1 Projekt: das eigene Leben!
- Hol Dir Hilfe!
- Sprich mit jemandem, dem Du vertraust. Geh zum Arzt. Oder beides!
- Nimm Dir Zeit!
Hälst Du dich selbst an diese Empfehlungen?
Immer öfter 🙂 Und jedes Mal geht es mir damit besser.
Und zum Abschluss noch eine Erkenntnis, die mir geholfen hat: