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Leitfaden für Umsteigewillige von Windows zu Linux

Allein die Tatsache, daß Du diesen Artikel liest, lieber Leser, beweist schon, daß Du zumindest ein gewisses Interesse an Linux mitbringst, wenn Du nicht schon längst mit Linux arbeitest. Selbst im ungünstigsten Fall ist die erste Bedingung für einen Wechsel zu Linux schon erfüllt: das Interesse!

Die Hardware

Was braucht man noch? Nun ja, ein PC wäre hilfreich, schließlich will man das beste aller Betriebssysteme ja auch irgendwo unterbringen. Was das für ein PC sein soll? Eigentlich ziemlich egal, die wichtigsten Eckdaten unterscheiden sich je nach Einsatzzweck erheblich. Aktuelle Distributionen brauchen zwischen einem und fünf GB Platz, eine 8-10 GB große Festplatte bzw. ebensoviel freier Platz reichen. Der neueste Prozessor muss es auch nicht sein, Linux läuft auf AMD und Intel und da auf allem, was x86 heisst. Für ein einigermaßen flüssiges Arbeiten ist allerdings mindestens ein Pentium II mit 300 MHz Takt und 256 MB RAM zu empfehlen. Das reicht dann zum surfen und für den Volkshochschulkurs. Richtig Spaß mach Linux ab einem Pentium III und mindestens 512 MB RAM. D.h. alle Rechner, die nicht älter als fünf bis sechs Jahre sind, erlauben gutes Arbeiten mit aktuellen Linux-Ausgaben.

Auf alten Rechnern sollte man sich allerdings etwas Zeit mitnehmen, wenn man eine graphische Oberfläche wie KDE oder Gnome ausprobieren will. Es gibt ein paar andere, die laufen sehr gut auf solch alten Systemen, z.B. WindowMaker oder Blackbox, aber die meisten Wechselwilligen möchten ja eigentlich genauso weiterarbeiten, wie sie das von Windows gewohnt sind.

In diesem Fall wird auch ein einigermassen aktueller Rechner vorhanden sein, ein Pentium IV PC mit mindestens 512, besser 1024 MB RAM und 10-20 GB freiem Festplattenplatz (Standardrechner vor ca. drei Jahren) ergibt schon eine gute Linux-Workstation, auch für aktuelle Linux-Distributionen. Gehen wir also mal davon aus, das ein passender PC zur Hand ist. Was fehlt noch?

Die Software

Ganz klar, eine Linux-Distribution. Wo nimmt man die her? Entweder direkt aus dem Internet (z.B. bei http://www.linuxiso.org/, eigentlich nur bei DSL und Flatrate ratsam) oder über den Umweg eines ISO-Image-Versenders (z.B. http://www.linux-iso.de/linux/index.html). Ubuntu bietet darüber hinaus einen kostenlosen Versandservice an. Allen Wegen ist gemeinsam, daß man an alle frei verfügbaren Distributionen herankommt, meist sehr aktuell und das man nicht durch Handbücher in gedruckter Form belästigt wird. Wer auf Gebundenes und CD’s in geschmackvollem Design oder auch DVD’s nicht verzichten will, sollte einen Besuch beim nächsten Buchhändler oder EDV-Laden seines Vertrauens in Erwägung ziehen. Vereinzelt sollen Linux-Distributionen sogar schon in Tankstellen zum Verkauf angeboten worden sein. Nicht zuletzt bekommt man Linux natürlich über’s Internet auch bei den bekannten Linux-Distributoren.

Den vielleicht besten Weg habe ich mir bewußt bis zum Schluß der Aufzählung aufgehoben. Wenn es Freunde oder gute Bekannte gibt, die den Weg zum Licht schon gegangen soind, sind die bestimmt auch im Besitz einer oder mehrerer Linux-Distributionen. Eigentlich jeder Linux-Treibende, den ich kenne, hat schon mindestens ein Care-Paket an einen Freund weitergegeben, einfach mal so zum Ausprobieren. Da ist dann meist nicht nur die gedruckte Dokumentation dabei, sondern in den allermeisten Fällen kann man sogar so unverschämt sein, den Bekannten und sein Wissen zum eigenen Vorteil anzuzapfen. Wer ein Linux verleiht oder verschenkt, fühlt sich meist auch für die gelungene Erstinstallation verantwortlich. Wir Linux-Treibende sind nämlich ungemein gesellig und lieben es, für einen Kaffee oder Bier und Pizza eine Erstinstallation fachmännisch zu betreuen 😉

Welches Linux ist das Richtige?

Ich sehe schon Deine nächste Frage voraus, lieber Leser, welche der zahlreichen Distributionen soll ich denn nehmen? Welche ist die Beste? Debian? Fedora? Gentoo? Mandriva? openSUSE? Ubuntu? Oder eine von den zahlreichen anderen? Das ist eine Frage, über die sich Kenner, Halbkenner und Laien tagelang ohne Ermüdungserscheinungen in die Haare geraten können, ohne einer Antwort nur im mindesten näher zu kommen. Auch wenn die Frage auf den ersten Blick schwierig zu beantworten scheint, die Antwort ist eigentlich ganz einfach. Es ist mehr oder weniger egal, Du wirst mit jeder von Ihnen ein lauffähiges System hinkriegen und jede Linux-Installation ist besser als Windows 😉 Im Ernst, wer es einfach haben will, nimmt Ubuntu, Fedora, Mandriva oder openSUSE, wer hohe Ansprüche an sich selbst hat und das System von Anfang an gründlich kennenlernen will, kann sich auch an Debian und Gentoo versuchen. Wem es auf gedruckte Handbücher ankommt, der kommt eigentlich an einer kommerziellen SUSE-Distribution nicht vorbei, deren Handbücher haben allgemein und zu Recht einen guten Ruf. Ein Kriterium der Entscheidung für eine Distribution sollte immer sein, ob man Bekannte hat, die mit einer bestimmten Distribution schon Erfahrung haben. Die würde sich dann auch für einen selbst zum Einstieg empfehlen, gemeinsam leidet es sich einfach leichter 🙂

Das planvolle Vorgehen

So, also, wir haben drei Dinge beisammen, Interesse, PC und Distribution, was fehlt noch? Ein paar Gedanken zum weiteren Vorgehen, denn ein ungefährer Schlachtplan hat noch nie geschadet. Es gibt noch ein paar Dinge zu bedenken, bevor man ans Werk geht. Zunächst wäre da an die in den Rechner eingebauten Komponenten zu denken. Bis auf sehr neue und sehr exotische Teile (z.B. brandneue 3D-Grafikkarten) sollten alle PC-Innereien von Linux unterstützt werden. Wer sich nicht sicher ist, kann z.B. einen Blick in die Hardware-Datenbanken von openSUSE oder Ubuntu werfen (http://hardwaredb.suse.de/, http://wiki.ubuntuusers.de/Hardwaredatenbank).

Bei Notebooks wird es sehr wahrscheinlich Probleme mit eingebauten Modems geben, meist handelt es sich um Win-Modems, von denen erst ein Teil durch Linux unterstützt wird (unter http://www.linux-laptop.net/ gibt es diverse Installationsberichte und Tipps für Linux auf Notebooks). Auch das Powermanagement und Funktionen wie Suspend to RAM werden möglicherweise nicht voll funktionieren. Die Linux-Unterstützung der Hersteller ist bei Notebooks noch verbesserungsfähig.

Wie sieht’s mit der Peripherie aus? Drucker? Sollten eigentlich alle funktionieren, mir ist noch keiner begegnet, der die Druckausgabe unter Linux verweigert hätte. Selbst GDI-Drucker, die für Windows entwickelt wurden, laufen meist unter Linux. Scanner? Solange es sich um ein SCSI-Gerät handelt, ist man im grünen Bereich, die werden zum überwiegenden Teil unterstützt. Bei Parallelport- und USB-Scannern sieht es etwas anders aus, was natürlich wieder daran liegt, daß einige Hersteller es irgendwie nicht für nötig halten, mehr als Windows zu unterstützen. Canon ist so ein Beispiel. Einen Eindruck über unterstützte Scanner gibt http://www.mostang.com/sane/sane-backends.html. Weiter im Text, wie sieht es mit externen ISDN-Modems aus? Finster, vor allem, wenn es sich um Telekom-Geräte handelt. Im grünen Bereich ist man mit ISDN-Karten, oder Netzwerkkarten aller Art für DSL.

…und die alten Daten?

Obwohl es extrem unwahrscheinlich ist, daß es zu Datenverlusten kommt, wenn man sich an die Installationsanleitung hält, ist es natürlich oberstes Gebot, vor der Installation eines neuen Betriebssystems alle Daten, an denen man hängt, irgendwo zu sichern, wo ihnen nichts passieren kann. Der Rechner, auf dem installiert wird, ist dabei in jedem Fall die falsche Wahl. Ein Backup auf CD oder einem anderen Rechner ist kein Luxus, auf den man verzichten kann, sondern eine Notwendigkeit, auf die man im besten Fall nie zugreifen muß, die man aber unbedingt haben sollte.

Was passiert mit einem etwa schon vorhandenen Windows, das auch weiter existieren soll? Es kann bleiben, wo es ist, vorausgesetzt, auf der Festplate ist noch genug Platz für die Linux-Partitionen oder es existiert sogar eine zweite Festplatte für Linux. Dank grub (dem Bootprogramme für Linux) kann man schon beim Starten des Rechners entscheiden, welches Betriebssystem geladen werden soll.

Und die Daten aus der Windows-Installation, wie kann man darauf zugreifen? Solange die Windows-Partitionen FAT16 (DOS, Windows 95) oder FAT32 (Windows 95/98/98SE/ME/XP) als Dateisystem benutzen, hat man auch unter Linux vollen Zugriff auf diese Partitionen. Mittlerweile sieht es sogar mit NTFS-Zugriff ganz gut aus. Meist werden entsprechene Verküpfungen schon bei der Linux-Installation angelegt, so daß sie bei Bedarf sofort zur Verfügung stehen. Und die bekannten Distributionen bringen Tools mit, mit denen vor der Linux-Installation die FAT-Partitionen verkleinert werden können, um Platz für Linux zu schaffen. Wem etwas an seinen Daten liegt, der sollte allerdings vorerst auf Experimente verzichten und lieber eine zusätzliche FAT32-formatierte Partition einrichten, die von beiden Betriebssystemen les- und schreibbar ist.

Time is money

Was fehlt nun noch? Etwas Zeit sollte man mitbringen, ein Betriebssystem installiert man nicht eben mal in der Kaffeepause. Rein zeitlich ginge das schon, ein aktuelles Linux, in der Standardkonfiguration mit StarOffice läßt sich von CD oder DVD auf einem einigermaßen modernen Rechner innerhalb von ca. einer halben Stunde installieren. So lange braucht oft schon eine Recovery-Installation von Windows und da hat man keinerlei Einflußmöglichkeiten. Nein, die Zeit sollte man sich nehmen, um sich in den mitgelieferten Dokumentationen, egal ob gedruckt oder online, über sein „neues“ Betriebssystem zu informieren. Denn natürlich kommt einem alles ein wenig verändert vor, auch wenn KDE und Gnome sich alle Mühe geben, einem den Übergang von Windows erleichtern. Noch was? Ein wenig Geduld sollte man aufbringen, wenn zu Anfang nicht alles so reibungslos geht, wie man sich das vorgestellt hat. Es ist wie in eine neue Stadt ziehen, man weiß, das es alles gibt, was es in der alten Stadt auch gab, aber man weiß noch nicht genau wo. Einfach mal die Hauptstraße (Menüleiste) langspazieren klärt schon viele Fragen 😉

Bevor man diese Menüleiste zu Gesicht bekommt, ist nun allerdings noch die Hürde der Installation zu nehmen. Also, ein letzter Blick in die Runde. Haben wir alles, was wir brauchen? Alle Hardwarekomponenten auf Lauffähigkeit mit Linux gecheckt? Einen Satz Linux-CD’s? Windows-Boot-Diskette für den Fall, dass was schiefgeht? Das frisch erstellte Daten-Backup an einer sicheren Stelle (jedenfalls nicht auf dem PC, der zur Installation ansteht!!!)? Die Handbücher bzw. Ausdrucke von der Installationsdokumentation? Den guten Bekannten, der mit Rat und Tat zur Seite stehen kann? Eine Kanne Kaffee bzw. genug Bier/Cola/Wasser? Die Nummer vom Pizza-Bringdienst? Alles da? Dann mal los, die erste Installations-CD ins Laufwerk und der Aufbruch in eine neue Zeit kann beginnen…

Linux zum Ausprobieren

Für all jene, die zwar schon einigermaßen versiert mit dem PC sind, ihr in langen Jahren gewachsenes System aber noch nicht mit einem neuen Betrtiebssystem erweitern wollen oder können, gibt es auch Linux zum rückstandslosen Ausprobieren: Knoppix (http://www.knopper.net/knoppix/). Knoppix ist eine Distribution, die auf Debian basiert und komplett von einer Boot-CD läuft. Einfach die Knoppix-CD ins CD-ROM-Laufwerk eines Rechners einlegen, neu booten und schon kann man mit Linux arbeiten, ohne etwas am Rechner zu ändern.

Noch einfacher geht es mit Damn Small Linux. Das passt mit seinen 50 MB auf einen USB-Stick oder direkt auf die Windows-Festplatte und läuft dank QEMU sogar unter Windows.

Was mache ich womit?

Ist das neue Betriebssystem auf dem Rechner, will man natürlich auch damit arbeiten. Damit die Aufgabeverteilung etwas schneller geht, kommt hier eine kleine Orientierungstabelle für die wichtigsten Arbeitsutensilien und ihre Linux-Entsprechungen, natürlich ohne Anspruch auf Vollständigkeit:

Aktion …unter Windows …unter Linux
Brief schreiben, Tabellenkalkulation, Präsentationen MS Office, MS Works OpenOffice/StarOffice, KOffice
Grafiken und Photos bearbeiten PhotoShop, Picture Publisher, PaintShop Pro gimp
Diplomarbeit schreiben MS Office OpenOffice/StarOffice, lyx/klyx, LaTeX
Internet-surfen Internet Explorer, Firefox, Opera Firefox, Opera, Mozilla, Konqueror, Galeon
eMail Outlook Express, Thunderbird, Pegasus etc. kmail, Evolution, mutt, pine, Thunderbird etc.
CDs und DVDs brennen Nero etc. K3B, cdrecord
MP3-hören WinAmp etc. xmms etc.
DVD’s abspielen PowerDVD, WinDVD etc. xine, mplayer, videolan

Wer hilft mir, wenn was schiefgeht?

Sollte irgend etwas bei der Installation nicht so laufen, wie man es erwartet oder das System gar nicht zum Laufen zu kriegen sein, sollte man erst einmal tief durchatmen und sich freuen, daß man alle eigenen Daten vorher per Backup in Sicherheit gebracht hat. Danach ist es hilfreich, nochmal zu rekapitulieren, was man bis zum Auftreten des Problems gemacht hat. Wie es weitergeht, hängt davon ab, welche Distribution man gewählt hat. Käufer der kommerziellen Linux-Boxen von SuSE, Mandriva oder Red Hat haben natürlich Anspruch auf Installationssupport, meist allerdings nur für einen Rechner und nur für das schlichte Booten des Systems bis zur grafischen Oberfläche.

Aber auch Neueinsteiger, die sich ihr Linux frei beschafft haben und daher keinen Installationssupport geniessen, werden nicht im Regen stehen gelassen. Vorausgesetzt, man bekommt den Rechner noch irgendwie ans Internet, helfen einem diverse Newsforen bei der Eingrenzung des Problems und seiner Lösung. Im deutschsprachigen Raum ist de.comp.os.unix.linux.misc ein guter Anlaufpunkt für allgemeine Fragen. Hardware wird unter de.comp.os.unix.linux.hardware behandelt. Für Debian gibt es eigene News-Foren, in denen auch Debütanten geholfen wird. Für alle News-Foren gilt natürlich, am besten erst eine kleine Weile mitlesen und auch mal einen Blick in die jeweilige FAQ werfen. Viele Fragen, die man selbst hat, werden immer wieder gestellt und lassen sich durch einen Blick in die jeweilige FAQ schnell beantworten.

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