Lange habe ich darauf gewartet, Linux auf einem Touchscreen-Gerät zu finden. Nach einem Ausflug ins Android-Land mit dem Samsung Galaxy und ein paar Spielereien im Technikmarkt mit dem WeTab war die Zeit reif für ein Linux-Tablet.
Hardware
Ich habe mich für das Motorola Xoom entschieden, nachdem ich am Erstverkaufstag eins in der Hand hatte. OK, gegenüber dem iPad2 ist es einen Tick schwerer, aus meiner Sicht aber ebenso wertig verarbeitet.
Die Hardware ist gefühlt schnell genug für den angepeilten Zweck. Das Booten benötigt ca. 60 sec. und ist damit in etwa auf dem Niveau aktueller Smartphones. Die Akkulaufzeit liegt mit 10-12 Stunden bei Nutzung von UMTS im erwarteten und praktikablen Bereich. Nach zwei Stunden an der Steckdose ist der Akku wieder voll.
Das Display hat eine angenehme Größe und ist hell genug. Zumindest, solange man nicht versucht, das Xoom draußen bei Sonnenschein benutzen zu wollen. Die Auflösung ist gut und ermöglicht bei 1200×800 Pixeln auf 10.1 Zoll ein scharfes Bild.
Die Hardware-Nachteile will ich nicht verschweigen. Die vorhandene Micro-USB-Buchse dient nur zum Datenaustausch, laden kann man das Xoom damit nicht. Das geht nur über ein separates Netzteil mit einem extrem fitzeligen Stecker, der förmlich nach Verbiegen schreit.
Der MicroSD-Kartenslot liegt mit dem SIM-Kartenslot unter der gleichen Abdeckung. Zieht man das eine Kärtchen raus, kommt das andere unweigerlich mit. Das spielt derzeit aber keine Rolle, weil Motorola die MicroSD-Kartenunterstützung erst mit dem Update auf Android 3.1 bereitstellen will und das Update noch nicht in Deutschland ausrollt.
Das Display spiegelt stark, eine Unsitte, die fast alle heutigen Rechner mitbringen und immer wieder absolut unverständlich.
Dadurch, dass das Xoom derzeit noch nicht als USB-Host verwendet werden kann, kann man auch keine Kamera anschliessen, um Bilder auf das Tablet zu übertragen. Die USB-Host Funktion soll ebenfalls mit Android 3.1 kommen.
Software
Wie schon erwähnt, gibt es das OS-Update auf Android 3.1 derzeit noch nicht in Deutschland. Aber auch Android 3.0 macht Spass mit dem Xoom. Und es bringt gegenüber dem iPad2 einen großen Vorteil mit, man ist bei der Wahl der zu installierenden Software nicht an iTunes gebunden.
Unverständlich finde ich, dass der Android Market nur im Querformat darstellbar ist. Darüber tröstet die Auswahl an installierbaren Apps aber gut hinweg. Es mag sein, dass es derzeit noch weniger Android-Apps als iOS-Apps gibt, mir hat bislang bis auf wenige Ausnahmen nichts gefehlt.
Vorinstalliert sind der Chrome-Browser, Google Maps, Google Mail und Google Talk. Multimedial wird es etwas dünn mit der Galerie und dem Musik-Programm. Videos spielt Xoom frisch aus dem Karton nur in der Galerie und nur als mp4. Will man DIVX-Filme ansehen, muss man sich eine Player-App dazu installieren.
Die installierte Kamera-App verführt zwar nicht zu Spielereien a la Instagram, bietet aber ausreichend Einstellmöglichkeiten, um die 5 Megapixel-Kamera auszureizen. Extrem störend finde ich das extrem laute Auslösegeräusch, das sich scheinbar weder variieren noch abstellen lässt.
Einrichtung und Erweiterung
Erster Schritt nach der Ersteinrichtung war die Installation einer Player-App, um Filme jenseits von mp4 ansehen zu können. Dazu bieten sich derzeit der RockPlayer und der Mobo-Player an. Eine Android-Version des VLC ist angekündigt, im Market aber noch nicht verfügbar.
Einen Dateimanager sucht man bei der Standardinstallation vergebens, der Ghost Commander schuf bei mir Abhilfe. Für den gibt es auch eine SMB-Ereiterung, womit es möglich ist, auf Netzlaufwerke im LAN zuzugreifen.
Zum Administrieren von Servern habe ich mir als SSH-Client ConnectBot installiert. Das Kommandozeilenarbeiten mit der Softwaretastatur ist OK und klappt gerade im Querformat sehr gut. Die Umlaute sind durch längeres „Drücken“ der jeweiligen Vokale erreichbar.
Xoom im Alltag
Ich benutze das Tablet für die tägliche Reise ins Büro und zurück sowie als Rechercheinstrument zwischendurch. Empfehlenswert ist, wie bei jedem tragbaren Gadget, die Anschaffung einer passenden Schutzhülle. Zu meinem Xoom gab es dank Online-Bestellung eine passende Hülle von Motorola gleich mit dazu. Die ist ganz praktisch, weil man sie auch gleich als Tischständer verwenden kann, prinzipbedingt im Querformat.
Die Installation der Amazon-Kindle-App führte dazu, dass ich jetzt einen ganzen Zoo an kostenlosen eBooks installiert habe, die Amazon etwas versteckt im Kindle-Shop anbietet.
Je nach Nutzung muss das Xoom alle ein bis zwei Tage an die Steckdose, was sicher einfacher wäre, wenn die kongenialen Motorola-Ingenieure das Laden über USB implementiert hätten. So muss man für mehrtägige Reisen das Netzteil extra mitnehmen.
Fazit
Motorola geht mit dem Xoom in die richtige Richtung, um Apple und dem iPad2 Paroli zu bieten. Um so unverständlicher, dass man sich bei Motorola soviel Zeit mit dem Update auf Android 3.1 lässt. Unverständlich auch, warum nicht über MicroUSB geladen werden kann. Auch die von aussen gut zugängliche SIM-Schublade mit dem MicroSD-Slot zu koppeln ist aus Anwendersicht etwas zu kurz gesprungen.
Nichtsdestotrotz macht der tägliche Umgang mit dem Xoom Spass. Die Versorgung mit Apps ist gut und wächst von Tag zu Tag und die einfache Möglichkeit, ohne Zusatzsoftware Daten, Musik und Filme aufs Xoom zu bekommen und sogar wieder zurück, macht es aus meiner Sicht dem iPad klar überlegen.